In diesem Kapitel wird aufgezeigt, dass es so gut wie unmöglich ist, die Klimakrise aufzuhalten, wenn man am Wirtschaftswachstum festhält.
Eine Maßnahme die Klimakrise abzuwenden ist der Green New Deal. Er umfasst umfangreiche öffentliche Investitionen zur Förderung von erneuerbaren Energien und Elektroautos. Hierdurch sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden und Wirtschaft angekurbelt werden. Aus dem Namen wird der Wunsch nach einem neuen "New Deal" schnell ersichtlich, der nach der Weltwirtschaftskrise 1929 ja als Retter des Kapitalismus galt. Es heißt man brauche einen neuen Klima Keynesianismus. Der Klima Keynesianismus sieht den Klimawandel als Chance für grünes Wirtschaftswachstum.
In diesem Sinne sehen sich auch die SDGs, die von der UNO, der Weltbank, der IWF bis hin zur OECD und zahrleichen anderen Organisationen als etwas Erstrebenswertes angepriesen werden. Die von 7 Ländern eingerichtete Globale Wirtschafts- und Klimakommission lobt die SDGs und veröffentlichte feierlich:
Wir befinden uns ander Schwelle zu einer neuen Ära des Wirtschaftswachstums:(...) einer Ära des Zusammnspiel von rascher technologischer Innovation, nachhaltigen Investitionen in die Infrastruktur und gesteigerter Ressourcenproduktivität.
Die Eliten unter dem Dach internationaler Organisationen sehen den Kampf gegen die Klimakrise als Chance für das Wirtschaftswachstum.
Die Frage bleibt jedoch, ob die ökologischen Belastungsgrenzen der Erde in Einklang zu bringen sind mit diesem endlosem Wirtschaftswachstum, auch wenn es sich mit dem Wort "grün" schmückt.
Johann Rockström und sein Team stellten 2009 das Konzept der planetaren Grenzen vor.
Die Natur oder das Erdsystem hat die Fähigkeit sich zu erholen (Resilenz), wenn sie nicht überbelastet wird. Wenn ein Ausmaß der Belastung überschritten wird, kommt es zu unumkehrbaren katastrophalen Veränderung wie etwa das Schmelzen des Polareises, Auftauen des Permafrostes oder das massenhafte Sterben von Wildtieren.
Dieser Vorgang wird Tipping Point genannt. Die Überschreitung des Tipping Points stellt eine extreme Gefahr für die Menschheit dar. Rockström versuchte die Schwellenwerte zu identifizieren, die die Existenz der Menschheit sicherstellen würde in 9 Kategorien:
Diese ermittelten Schwellenwerte gelten als sicherer Handlungsspielraum für die Menschheit und sie hatten auch einen großen Einfluss auf SDGs, die diese zum Zielwert für technische Innovationen nahmen.
Schaut man sich die Grenzwerte genauer an, stellt man fest, dass 2 Werte schon überschritten wurden. Die Grenzwerte für Klimawandel und ökologische Vielfalt. Der Grund ist wirtschaftliche Aktivität.
Normalerweise steigen die Umweltbelastungen mit dem Wirtschaftwachstum. Bei der Entkopplung wird versucht, technische Möglichkeiten zu finden, die ein Wirtschaftwachstum ohne Umweltbelastungen ermöglichen. Entkopplung bedeutet beide Komponenten mittes technischer Hilfsmittel voneinander zu trennen. Für den Klimawandel bedeutet es Wirtschaftwachstum nicht zu beeinträchtigen und CO2 Anstieg zu reduzieren.
Der Ausbau von Infrastruktur in den Entwicklungsländern durch Errichten von Kraftwerken, Konsum von Großgütern wie Autos, Häuser bedeutet Wirtschaftswachstum und Anstieg der CO2 Emissionen.
Wenn man es schafft durch neue Technologien einen sanfteren Anstieg der CO2 Kurve zu erreichen, spricht man von relativer Entkopplung.
Die relative Entkopplung reicht jedoch nicht aus, denn die absolute Menge der CO2 Emissionen muss generell verringert werden.
Die Verringerung der Emissionen bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum nennt man absolute Entkopplung.
Die Verbreitung von Elektroautos und der Umstieg auf Solarstrom, führt zu Wirtschaftswachstum und zu weniger Emissionen.
Onlinevideokonferenzen anstatt Dienstreisen senken den CO2 Ausstoß.
Auf diese Methoden setzen die Befürworter des New Green Deal. Aber ist absolute Entkopplung für das Erreichen der Klimaziele machbar?
Es wäre möglich in den nächsten 100 Jahren die Emissionsrate auf null zu reduzieren, aber das wäre zu spät. Selbst Rockström hat zugegeben, dass durch eine absolute Entkopplung umzusetzendes grünes Wirtschaftwachstum Realtiätsflucht ist.
Das Problem ist, dass durch Wirtschaftswachstum auch der Verbrauch von Rohstoffen und Energie ansteigt. Damit wird es schwierig die CO2 Emissionen wirklich zu reduzieren.
Will man eine BIP Wachstumsrate von 2 bis 3 Prozent jährlich aufrechterhalten und gleichzeitig das Klimaziel von 1,5°Celsius erreichen, wäre eine sofortige Emissionsreduktion um 10 Prozent nötig. Überlasst man diese Entscheidung dem Markt ist die Wahrscheinlichkeit dafür sehr gering.
Rockström sagt auch, dass man die Falle des Wirtschaftswachstum bekämpfen kann, indem man auf das Wirtschaftswachstum verzichtet. Damit wird es um einiges leichter die Emissionen zu reduzieren.
Das ist jedoch eine Lösung, die der Kaplitalismus nicht akzeptiert.
Der bekannte Ökonom Tim Jackson schreibt in seinem Buch Wohlstand ohne Wachstum dass der Energieverbrauch in den Industrieländern immer effizienter geworden ist. Vor allen Dingen im industriellen Sektor. Man bekommt den Eindruck, dass relative Entkopplung funktioniert.
Global gesehen sieht die Sache jedoch ganz anders aus. In Ländern wie Brasilien oder dem nahen Osten ist der anteilsmäßige Energieverbrauch zum realen BIP stark angestiegen. Das liegt daran, dass in den Schwellenländern für ein schnelles Wirtschaftswachstum in veraltete Technologien investiert wird. Wenn sich die Effiziens des Energieverbrauchs nicht verbessert, gibt es noch nicht einmal relative Endkopplung. So hat sich die Emmisionsrate zwischen 2004 und 2015 im weltweiten Maßstab betrachtet, nur um 0,2 Prozent verbessert.
Eine relative Entkopplung von Wachstum und Emissionen findet also nicht statt.
Tim Jackson kommt zu dem Schluss, dass die ganze Diskussion rund um Entkopplung ein Myhtos sei und die Annahme den Klimawandel mit technischer Innovation aufzuhalten, eine Illusion.
Einige kommen vielleicht zu dem Schluss, dass der Zuwachs von Emissionen nur den Schwellenländern zuzurechnen ist. Jedoch sollte man beachten, dass die Industrienationen die Waren dieser Länder impotieren und konsumieren. Die scheinbare Entkopplung der OECD Mitgliedsstaaten beruht also nicht auf technologischen Innovationen, sondern auch darauf, dass die Produktion von Konsumgütern und Nahrungsmitteln in den globalen Süden ausgelagert wurde. Der CO2 Fußabdruck dieser Waren zeichnet also ein ganz anderes Bild.
Obwohl weltweit in erneuerbare Energien investiert wurde, geht der Verbrauch fossiler Brennstoffe nicht zurück.
Das liegt daran, dass die erneuerbaren Energien nicht als Ersatz für fossile Brennstoffe genutzt werden, sondern zum stetig steigenden Energiebedarf eine zusätzliche Ergänzung darstellen.
Der englische Ökonom William Stanley Jevons veröffentlichte schon 1865 in seiner Schrift "The Coal Question" folgendes. Im Bereich der Steinkohle kam es zu einer Effektivitätssteigerung, die nicht dazu führte, dass weniger Kohle genutzt wurde, sondern stattdessen kam die Kohle in einem viel größen Bereich zum Einsatz. Jevons kam zu dem Schluß, dass technischer Fortschritt die Umwelt noch mehr belastet.
Daran hat sich bis heute nicht geändert.
Man spricht hier auch von dem Rebound Effekt. Die Konsumenten bevorzugen weitesgehend SUVs, anstatt umweltfreundliche 3 Liter Autos oder Elektrofahrzeuge zu kaufen. Die heutigen Fernsehgeräte sind energiesparender doch es werden immer größere Geräte gekauft.
Es gibt erschreckende Daten, die zeigen, dass die obersten 10 Prozent der reichsten Menschen der Erde die Hälfte aller CO2 Emissionen produzieren. Vor allen Dingen die obersten 1 Prozent mit ihren Luxusvillen Privatjets und Sportwagen trägt zu einer außerordentlichen Umweltbelastung bei.
Demgegenüber stehen die unteren 50 Prozent, die für kaum 10 Prozent der Emissionen verantwortlich sind, aber die Auswirkungen des Klimawandels als erste zu spüren bekommen.
Es ist Fakt, dass wir die Emissionen um rund ein Drittel reduzieren könnten, wenn die reichsten 10 Prozent ihre Emissionsmenge an die eines durchschnittlichen Europäers anpassen würden.
Wir leben in den Industrieländern, und fast alle von uns gehören zu den reichsten 20 Prozent der Welt. Ist man einer von denen, die als Mittelklasse bezeichnet werden, gehört man wahrscheinlich zu den obersten 10 Prozent.
Wenn wir selbst als Beteiligte und Verursacher die imperiale Lebensweise nicht radikal ändern, wird es unmöglich sein, der Klimakrise Paroli zu bieten.
Es ist wahr, dass benzinbetriebene Fahrzeuge für einen großen Teil der CO2 Emissionen verantwortlich sind.
Der Wechsel zum Elektroauto vom Staat gefördert schafft einen riesigen Markt und Arbeitsplätze. Der Klima Keynesianismus in seiner reinsten Form. Doch so einfach ist das nicht.
Einmal muss der Strom für diese Autos mit Technologien erzeugt werden, die kein CO2 ausstoßen.
Das Hauptproblem ist jedoch die Lithium-Ionen Batterie, die in Autos aber auch in Notebooks und Smartphones benötigt wird.
Das größte Vorkommen liegt in der Atacama-Salzwüste in Chile. Das Lithium lagert sich im Grundwasser ab. Dieses Gemisch aus Wasser und Lithium wird hochgepumpt das Wasser verdunstet und man erhält Lithium. Ein einzige Firma pumpt pro Sekunde 1700 Liter Grundwasser an. Darunter leidet die Bevölkerung und das Ökosystem. In Argentinien läuft es ähnlich. Ein weiteres Beispiel für räumliche Auslagerung, welche die Auswirkungen der Technoligie unsichtbar macht.
Kobalt ein weiterer unentbehrlicher Rohstoff werden zu 60% des weltweiten Bedarfs im Kongo abgebaut. Der Abbau zerstört großflächig die Umwelt und führt zur Verunreinigung von Gewässern. Die Arbeitsbedingungen sind katatrophal. Informelle Formen der Sklaverei und Kinderarbeit sind im Süden Kongos weit verbreitet. Die Arbeit wird auch mit primitiven Werkzeugen per Hammer und Meißel verrichtet. Der Lohn beträgt 1 Dollar pro Tag. Oftmals müssen sie 24 Stunden untertage sein in vergifteter Luft ohne Sicherheitsausrüstung. Atemwegs-, Herz- und Geisteserkrankungen sind oftmals die Folge. Im schlimmsten Fall wird man bei Unfall lebendig begraben.
Am anderen Ende der Lieferkette stehen, Tesla, Apple, Microsoft. Natürlich kennen die Bosse diese Zustände und als ob nichts weiter wäre verkünden sie, sie würden die SDGs mit technischen Innovationen fördern.
Es geht nicht nur um Lithium und Kobalt sondern auch um anderen Rohstoffe wie Kupfer, Eisen und Aluminium. Auch hier gibt es einen rapiden Anstieg der Konsummenge. Wenn man die natürlich verbrauchten Ressourcen miteinbezieht, wird ersichtlich, dass Entkopplung nicht stattfindet.
Der Gesamtverbrauch von Ressourcen, einschließlich Mineralien, Erzen, fossilen Brennstoffen und Biomasse lag
1970 bei jährlich 26,7 Miliarden Tonnen,
überstieg 2017 die 100 Millarden Marke.
Bis 2050 werden 180 Milliarden Tonnen erwartet.
Die Zukunft des Klima Keynesianismus der Industrienationen mit seinem Streben nach grünem Wirtschaftswachstum kann im eigenen Land vielleicht umgesetzt werden, doch die Ausbeutung der Peripherien verschlimmert sich dadurch nur.
Die heutigen 2 Millionen Elektroautos werden bis 2040 auf ca 200 Millionen ansteigen. Jedoch wird die Kohlendioxidmasse nur auf ca 1 Prozent reduziert.
Es ist zwar notwendig auf diese Technologien umzusteigen, aber es wäre ein Fehler die Zukunft den Techno-Optimisten anzuvertrauen.
Grosse wirtschaftliche Investitionen in wirtschaftliche Umbaumaßnahmen im Stile des Green New Deal sind unerlässlich. Solarengergie, Elektroautos, kostenloser öffentlicher Nahverkehr, Solarpanel in öffentlichen Wohnanlagen, alles das muß mit mehr Mut zu mehr staatlichen Förderungen vorangetrieben werden. Doch dass allein genügt nicht. Das eigentliche Ziel des Green New Deal ist nicht etwa das Wirtschaftswachstum, was uns bekanntlich in die Katastrophe führt, sondern die Verkleinerung und Verlangsamung der Wirtschaft.
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Kritik am kapitalistischem Degrowth