Wenn man zwischen Kommunismus und Kapitalismus wählen könnte, würden die meisten Menschen den Kapitalismus vorziehen, weil er Wohlstand bringt. Das kann man nicht abstreiten, aber ganz so einfach ist es nicht.
Es stellt sich doch die Frage, ob wir nicht immer ärmer werden, je weiter der Kapitalismus fortschreitet. Jeder kennt die aktuelle Wohnungslage. Wohnungen in Städten sind zu Spekulationsobjekten geworden und der normale Mensch muss sich abrackern, nur um die Miete zu zahlen. In Städten wie London können sich nur Superreiche eine Wohnung leisten. Daneben gibt es viele Obdachlose, obwohl Wohnungen leer stehen. Das kann man nicht Wohlstand nennen. Kapitalismus ist ein System, dass ständig Mangel schafft.
Marx hat das im ersten Band von "Das Kapital" untersucht und nennt es ursprüngliche Akkumulation. Ein Beispiel ist die im 16.Jahrhundert eingeführte "Einhegung" (Enclosure) in England. Dort wurden die Bauern mit Gewalt von ihren gemeinschaftlich genutzen Ackerflächen ausgeschlossen, um das Land in profitable Schafweiden zu verwandeln oder auf ertragreichere Großgrund-Landwirtschaft umzustellen. Die Bauern waren gezwungen in die Städte zu ziehen, um Arbeit zu finden. Sie wurden zu Lohnarbeitern. So wurde dem Kapitalismus der Weg geebnet.
Das Kapital hat den ursprünglichen Überfluss der Commons aufgelöst und somit eine künstliche Knappheit geschaffen.
Ein ähnliches Beispiel ist der Gebrauch von Kohle anstatt Wasserkraft. Wasserkraft war im Überfluss vorhanden. Doch stattdessen wurden fossile Brennstoffe genutzt, da Kohle und Öl transportabel ist. Man kann die Fabriken vom Land in die Städte verlegen, wo es genügend Arbeiter gibt, so dass man die Löhne niedrig halten kann. Außerdem konnte man Kohle als fossiles Kapital nutzen. Die exklusiven Energiequellen wie Kohle und Öl ließen sich gut monopolisieren. Die CO2 Emissionen gingen ab da nur noch bergauf und die Billig-Lohn-Arbeiter mussten mit dieser Luftverschmutzung leben.
Wasser und Land waren zuvor Commons, die gemeinschaftlich genutzt wurden. Gerade weil sie Gemeingut waren, kümmerte man sich darum sie zu bewahren. Profit war nicht der Motor, daher war ein nachhaltiges Zusammenleben mit der Natur möglich.
Durch die Zerstörung der Commons in Privatbesitz konnten die Besitzer damit machen, was sie wollten und somit die Umwelt nach ihrem Gutdünken zerstören. Außerdem mussten sie sich nicht darum kümmern, ob sie die Lebensverhältnisse der Menschen verschlechterten. Man spricht hier von der Freiheit des Eigentümers. Eine Freiheit bei der niemand etwas gegen die Launen des Besitzers tun kann, egal ob er die Umwelt zerstört oder die Lebensverhältnisse der übrigen Bewohner verschlechtert.
Kurz gesagt, nimmt individueller Reichtum zu, nimmt öffentlicher Wohlstand ab.
Siehe dazu auch Die Erdzerstörer. In der Doku wird gezeigt, wie das Großkapital in vielen Lebensbereichen eingriff, um Kapital zu erwirtschaften, anstatt die Lebensverhältnisse für die Menschen zu verbessern und dabei ganz bewußt die Zerstörung der Umwelt in Kauf nimmt.
Das Wasser im Überfluss vorhanden ist, ist lebensnotwendig. Wasser ist kostenlos und ein öffentlicher Reichtum. Großkonzerne haben in Gemeinden auf der ganzen Welt Wasserrechte erworben, so dass sie nun in der Lage sind Wasser in PET-Flaschen oder Plastiktüten zu verkaufen. Der öffentliche Wohlstand verschwindet, der individuelle Reichtum der Großkonzerne nimmt zu. Dadurch steigt auch der meßbare National-Wohlstand aber führt zu einem Rückgang für der normale Volk.
Wenn der Ernteertrag zu groß ist, wird der Überschuß vernichtet damit der Preis nicht sinkt. Eine erfolgreiche Ernte ist eigentlich etwas Gutes für die Menschen, aber nicht für den Profit der Kapitalisten.
Marx spricht vom Grundwiderspruch der Ware, der Widerspruch zwischen Eigentum und Reichtum.
Reichtum ist der Gebrauchswert, der die Bedürfnisse der Menschen erfüllt, wie etwa Wasser und Luft. Dieser Gebrauchswert existiert ganz unabhänig von Geld oder Kapitalismus.
Der Wert des Eigentums kann mit Geld gemessen werden. Der Wert existiert nur innerhalb einer Marktwirtschaft. Im Kaptialismus dominiert die Logik des Wertes, nicht des Gebrauchswerts. Der Gebrauchswert wird nur zum generieren des Wertes angesehen.
Wir kennen diese Irrationalität des Kapitalismus. Viele Haushaltsgeräte, die noch aus der Zeit der Großeltern stammen funktionieren heute immer noch. Sie waren "für die Ewigkeit gebaut". Stattdessen gibt es heute immer mehr Wegwerf- und Einwegprodukte. Waren werden absichtlich mit Sollbruchstellen versehen, damit sie schnell kaputt gehen und ein neues Gerät gekauft werden muss. Der Gebrauchswert wird bewußt niedrig gehalten, damit der Profit steigt. Viele Geräte sind so gebaut, dass eine Reparatur schwierig oder unmöglich ist. Es wird auch hier wieder Mangel erzeugt, um Profit zu machen, denn Geräte die über Generationen halten bedeuten Überfluß.
Nach diesem Prinzip schafft auch der Klimawandel Profit- und Geschäftsmöglichkeiten. Knappheit an Wasser, an Anbauflächen an Wohnmöglichkeiten nimmt zu. Die Nachfrage übersteigt das Angebot und die Profite nehmen zu. Man spricht hier von "Klima-Wandel-Schock-Strategie" Die Zunahme der Knappheit auf Kosten des Gebrauchswerts steigert den individuellen Reichtum.
Es kann noch soviel Wirtschaftswachstum geben, solange der Widerspruch zwischen Wert und Gebrauchswert besteht, wird sich die Lebensqualität der Menschen nicht erhöhen.
Die Menschen werden zu endlosem Konsum getrieben. Mittels Markenprodukten wird der Eindruck erzeugt, als wären bestimmte Waren einzigarig und wertvoll. In Wirklichkeit ist es auch wieder nur ein künstlich erzeugter Mangel, welcher den Profit der Markenprodukte enorm steigert.
Die Werbe- und Marketingindustrie ist weltweit die drittgrößte Industriesparte. Die Verpackunsgkosten machen 10 bis 40 Prozent der Gesamtkosten aus. Bei Kosmetika können sie sogar 3 mal höher liegen.
Hier wird eine Menge an Plastik verbraucht und weggeworfen, wobei der Gebrauchswert der Ware gleich bleibt, aber die Konsumenten haben den Eindruck eines exklusiven, hochwertigen Produkts, welches sie unbedingt haben möchten.
Die Menschen werden dazu getrieben sich ständig neue Dinge zu kaufen, sei es aus Frustration über ihre Arbeit oder aus dem Bedürfnis heraus etwas darzustellen. Jedoch hält die Freude über das Neue oft nicht lange an, so dass sie sich wieder und wieder etwas Neues gönnen. Man ist in einem Kreislauf von Arbeit und Konsum gefangen und wird nicht wirklich glücklich. So wird der Motor des Kapitalismus und Konsums durch künstliche Knappheit aufrecht erhalten.
Der Kapitalismus schafft künstliche Knappheit für sich selbst. Deshalb ist Überfluß der natürliche Feind des Kapitalismus.
Die Wiederherstellung der Commons und des Überflusses ist das Instrument, mit dem man den Kapitlismus überwinden kann.
In der heutigen Zeit sind mit Commons Produktionsmittel gemeint, die selbstbestimmt mit flachen Hierachien gemeinsam verwaltet werden und die Grundbedürfnisse der Menschen befriedigen, wie beispielsweise Elektrizität, Wasser, öffentliche Verkehrsmittel, Gesundheitversorung, Altersversorung. Dinge die man nicht dem Markt überlassen sollte. Da alle Menschen Strom benötigen sollte Elektriztiät ähnlich wie Wasser ein garantiertes Menschenrecht sein.
Jedoch sollte man die Stromversorgung nicht einfach verstaatlichen, denn das führt zu verriegelten Technologien wie Atomkraft oder wie hier in Deutschland sogar zu Kohle und Frackinggas.
Bei Commons geht es darum, dass die Bürger die Kontrolle darüber wieder erlangen, beispielsweise in Bürgerinitiativen oder Genossenschaften die erneuerbare Energien produzieren. Sonnen- und Windenergie tragen schon die Eigenschaft des Überflusses in sich. Sie können dezentralisiert eingesetzt werden und sind somit nicht mehr monopolisierbar.
Der dezentrale Charakter kann dazu genutzt werden ein Stromnetz aufzubauen, das nicht auf Profit aus ist. Die erwirtschafteten Einnahmen können den örtlichen Gemeinden zu Gute kommen. Das belebt die lokale Gemeinschaft, verbessert das Leben und weckt so das Interesse für weitere Beteiligung. Der dezentrale Charakter kann ein Stromnetz aufbauen, das nicht auf Profit aus ist. Solche Bürgerverwaltungen gibt es in Dänemark, Deutschland und Japan.
Aber auch die Produktionsmittel müssen als Commons verwaltet werden, beispielsweise in Arbeitergenossenschaften. Das Ziel ist der Fortbestand des Betriebes und nicht kurzfristige Gewinne und spekulative Aktivitäten.
Es gibt bereits solche Arbeiterkooperativen und Arbeitergenossenschaften. Die spanische Mondragon-Genossenschaft mit 70000 Beschäftigten. Auch in Japan ca. 40 Arbeiterkooperativen in Bereich, Pflege, Kinderbetreuung, Reinigung, Forst und Landwirtschaft. Auch in den USA gibt es in Cleveland (Evergreen Cooperatives) New York (Cooperation Buffalo), Mississipi (Cooperation Jackson) in den Bereichen: Energie, Nahrung, Reinigung.
Genossenschaften leisten Widerstand gegen Armut, Ungleichheit, Diskriminierung und können so eine wichtige Grundlage für eine geschaftliche Veränderung stehen.
Je mehr gemeinsamer Überfluss wiederhergestellt wird, desto mehr können die Menschen sich von der Arbeitshetze und den Geldsorgen und Konsumismus befreien. Innerhalb des Kapitalismus dessen Essenz die Knappheit ist, ist es unmöglich, dass alle zu Wohlstand kommen.